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Kirchliche Hochzeit wie es uns gefällt?

Warum das manchmal nicht so einfach ist

Für eine kirchliche Hochzeit entscheiden sich nur noch weniger als die Hälfte aller Brautpaare in Deutschland und doch gehört für viele Paare eine Zeremonie in der Kirche dazu. Eigentlich eine Chance, junge Leute wieder in die Gotteshäuser zu holen. Doch die Vorstellungen von Brautpaaren und Pfarrern sind oft so unterschiedlich, dass sie schwer zusammenfinden. Warum sich junge Leute gegen eine kirchliche Trauung entscheiden, was sich Pfarrer von Brautpaaren wünschen und wie man die Kommunikation zwischen beiden erleichtern kann, darüber haben wir mit einem Brautpaar, einem Gemeinde-Pfarrer, einem Pastor und Katrin Laube gesprochen, die in Essen an einem Projekt arbeitet, das Hoffnung macht.

 

Kirchliche Hochzeit: auf der einen Seite steht das Sakrament der Ehe – auf der anderen Seite die Planung eines Events mit fünfzig, hundert oder noch mehr Gästen, das auch noch der eigenen Ästhetik entsprechen soll. Je nach Blickwinkel, steht mal die eine, mal die andere Seite im Vordergrund . Die Perspektive der Kirche ist dabei immer die gleiche: Es geht um das Sakrament.

„Habe ich das Gefühl, dass nur die Location zählt? Geht es nur um die Inszenierung und die „Show“ der Feier, die vielleicht auch schon bei einem anderen Kollegen gescheitert ist, und das Paar zieht zum nächsten möglichen Ort oder Priester weiter,“ hat sich bei mancher kirchlichen Hochzeit auch schon Matthias Fritz gefragt. Er ist Priester, derzeit aber keiner Gemeinde zugeordnet. Gemeindebüros aus dem Bistum Aachen fragen bei ihm an, ob er eine Trauung für sie übernehmen kann.

Von der Lebenswelt der Brautpaare überfordert

Jasmin und Steven Quast haben im Juli in Wasserburg am Bodensee kirchlich geheiratet.  Sie hatten Glück, einen offenen Pfarrer zu treffen, der ihnen viele Wünsche für ihre Trauung erfüllte. Während der Hochzeitsplanung hat sich Jasmin über Instagram mit vielen Bräuten über die Vorbereitung der kirchlichen Hochzeit ausgetauscht. Ihre Erfahrung: „Viele Pfarrer lassen es nicht zu, dass der Vater die Braut zum Altar führt, dass Brautjungfern mit einziehen dürfen, dass auch moderne Lieder gespielt werden.“

Warum manche seiner Kollegen in diesen Punkten streng sind, kann Matthias Fritz erklären: „Ich glaube, dass viele Priester mit der Lebenswelt der Paare überfordert sind. Die Welt dreht sich weiter, Gesellschaft entwickelt sich weiter, die Medien definieren Vorstellungen von Paarbeziehung, Ehe und Hochzeiten mit. Wenn ich selber nicht up-to-date bin mit diesen Entwicklungen, dann wirkt manches, was von außen oder fremd auf mich zukommt, als Provokation.“

Wenn das Ehesakrament zur Show wird

Für Matthias Fritz ist Popmusik in der Kirche völlig okay, und auch viele andere Wünsche versucht er Brautpaaren zu ermöglichen: „Eine Trauung hat viele Spielmöglichkeiten. Bei der gemeinsamen Planung kann man mit den Elementen kreativ umgehen“, erklärt Fritz. Doch auch er hat seine Grenzen:  „Wenn ich das Gefühl habe, dass es um eine Show geht und das eigentliche „Ja-Wort“ unter geht,  wenn das Verständnis für  die Feier eines Lebensbundes fehlt“.

Wer entscheidet, ob die Inszenierung tatsächlich das echte Gefühl für die Bedeutung der Zeremonie überwiegt, woran kann man das ablesen? Nicola Neubauer beschäftigt sich seit Jahren mit Hochzeiten und ihrer individuellen Gestaltung. Auf Verrückt nach Hochzeit liefert sie dafür unzählige Ideen. Sie ist überzeugt: „Ob eine Hochzeit aufwendig gestaltet ist, hängt nicht mit der Echtheit des Gefühls zusammen. Ein Paar kann sich genauso ernsthaft das Sakrament der Ehe wünschen wie eine aufwendige Gestaltung, die ihrer Ästhetik entspricht. Wenn das nicht so wäre, gäbe es keine Barock-Kirchen.“

Oft entspringen die Wünsche von Brautpaaren nicht dem Wunsch nach einem großen Auftritt nach Hollywood-Art. Selbst wenn es auf den ersten Blick so wirkt. Jasmin Quast wollte sich im Juli unbedingt von ihrem Vater zum Altar führen lassen – anders als die katholische Tradition in Deutschland dies vorsieht. Ihr Hintergrund: „Ich habe eine innige Beziehung zu meinem Vater, die ich damit noch einmal zum Ausdruck bringen wollte“, erklärt sie.

Die Abwehrhaltung vieler Pfarrer hat allerdings oft ganz profane Gründe. Brautpaaren fehlt in der Regel der Einblick in die Organisationsstrukturen einer Kirchengemeinde. Sie wissen nicht, welchen Aufwand sie mit ihren Vorstellungen von ihrer Hochzeit verursachen.  Denn für  Pfarrer, Kirchenmusiker, Küster und weiteres kirchliches Personal bedeutet eine kirchliche Hochzeit viel Arbeit; zusätzliche Arbeit, die nur einen kleinen Teil ihrer Aufgaben ausmacht.  „Für das Paar ist es der Tag ihres Lebens – für alle anderen ein großer zeitlicher Aufwand“, fasst es Matthias Fritz zusammen. „Bei allen Absprachen, bei der Vorbereitung von Predigt und Ansprache, bei der Absprache mit Küster, Organist usw. kommen schnell 10-15 Stunden an Vorbereitungszeit zusammen. Das ist für die weniger werdenden Priester ein großer Teil an Arbeitszeit.“

Mehr Respekt vor der Arbeit von Kirchenmitarbeitern

Das Verhalten von Brautpaaren gegenüber kirchlichen Mitarbeitern empfindet Matthias Fritz deshalb teilweise als übergriffig: „Ein Paar wollte eine kleine Kirche in unserer Pfarrei komplett mit Buchsbäumen ausfüllen: Der Aufwand für die Küsterin, die frühe Öffnung der Kirche am Tag der Feier, das Aufstellen der Bäume Tage vorher und die Bitte, dass wir diese regelmäßig gießen sollten, gingen zu weit“, erinnert sich Fritz. In solchen Fällen findet er auch einmal deutliche Worte.

Besonders aufwendig wird es für Kirchenmusiker, wenn bestimmte Lieder eigens für die Hochzeit einstudiert werden sollen: „Das sind drei bis vier Stunden, bis die Noten vorliegen. Noten für Orgel sind oft schwer zu bekommen. Das Stück muss eventuell von Klaviernoten auf Orgel umgeschrieben und geübt werden, bis es richtig sitzt. Das geht vom Stundenkontingent eines Mitarbeiters ab. Oder die Paare  bezahlen diesen Mehraufwand extra.“

Um Brautpaaren mehr Service anzubieten, hat das Bistum Essen nun ein pfarreiübergreifendes Team für Trauungen gegründet. Es soll künftig als zentraler Ansprechpartner für Brautpaare zur Verfügung stehen, aufklären, alles in die richtigen Bahnen leiten und zwischen Pfarrern und Brautpaaren vermitteln.  Denn oft sind es Missverständnisse und mangelndes Verständnis, die auf beiden Seiten zu Unmut führen.

 

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